(Približenie konca ǀ Das Nahen des Endes, 1896)
Von Graf Leo Tolstoi
[Autorisierte deutsche Ausgabe von Dr. Alexis Markow, 1897]
Im Jahre 1896 war in Holland ein junger Mann Namens Van der Ver zum Eintritt in die Nationalgarde aufgefordert worden.
Die Aufforderung des Kommandeurs beantwortete Van der Ver in folgendem Brief:
„Du sollst nicht töten!“
Herrn Herrmann Sneiders, dem Kommandeur
der Nationalgarde des Midelburgschen Kreises.
Geehrter Herr!
Vorige Woche bekam ich ein Schriftstück, in dem mir befohlen wurde, im Stadthaus zu erscheinen, um den Gesetzen entsprechend in der Nationalgarde aufgenommen zu werden. Wie Sie wohl bemerkt haben werden, war ich nicht erschienen und mit dem gegenwärtigen Briefe bezwecke ich, Ihnen offen und gerade heraus zu sagen, daß ich beabsichtige, nicht vor der Kommission zu erscheinen. Ich weiß sehr wohl, daß ich mich dadurch einer schweren Verantwortlichkeit unterziehe, daß Sie mich bestrafen können und daß Sie nicht verfehlen werden, von diesem Ihrem Rechte Gebrauch zu machen. Doch das jagt mir keine Furcht ein. Die Gründe, die mich zwingen, mich so passiv zu verhalten, bieten mir ein genügend bedeutendes Gegengewicht dieser Verantwortlichkeit.
Besser als die meisten Christen verstehe ich, trotzdem ich kein Christ bin, das Gebot, das an der Spitze dieses Briefes steht, das Gebot, welches der menschlichen Natur und dem Verstand eigen ist. Als ich noch ein Kind war, gestattete ich, daß man mir das Soldatenhandwerk lehrte – die Kunst zu morden, jetzt aber weigere ich mich! Insbesondere habe ich keine Lust, auf Kommando zu morden, was mir als ein Morden gegen das Gewissen, ohne jeden persönlichen Antrieb oder Grund dazu erscheint. Können Sie mir etwas, was für das menschliche Wesen erniedrigender wäre, als das Vollbringen ähnlicher Morde oder Schlächtereien, nennen? Ich kann weder selbst töten, noch zusehen wie ein Tier geschlachtet wird, und damit meinethalben keine Tiere geschlachtet würden, wurde ich Vegetarier. Und in dem gegebenen Falle könnte man mir ,,befehlen“, auf Leute zu schießen, die mir nie etwas Böses gethan haben: ich denke, daß die Soldaten doch das Schießen nicht dazu einüben, um auf Blätter oder aus Zweige von Bäumen zu schießen.
Aber Sie werden mir vielleicht erwidern, daß die Nationalgarde ebenso und vor allen Dingen zur Erhaltung der Ordnung im Lande dient.
Herr Kommandeur! wenn wirklich in unserer Gesellschaft die Ordnung herrschte, wenn der gesellschaftliche Organismus in der That gesund wäre, d. h. wenn es in den gesellschaftlichen Beziehungen keine himmelschreienden Mißbräuche gäbe, wenn es nicht gestattet wäre, daß einer Hungers stirbt, während der andere sich alle Gelüste des Luxus gewähren kann, – ja, dann würden Sie mich in den ersten Reihen der Verteidiger dieser Ordnung gesehen haben; so aber weigere ich mich, der Erhaltung der jetzigen sogenannten Ordnung beizusteuern. Weshalb Sand in die Augen sich streuen, Herr Kommandeur? Wir wissen doch beide zu gut, was es heißt, diese Ordnung zu erhalten: es heißt, die Reichen gegen die armen Arbeitenden zu unterstützen, welche nun beginnen, ihre Rechte zu erkennen. Haben wir denn nicht die Rolle gesehen, in der sich Ihre Nationalgarde bei dem letzten Streik in Rotterdam gefiel: ohne jeden Grund befand sich diese Garde ganze Stunden im Dienste, nur um das Hab und Gut der bedrohten Firmen zu verteidigen. Und können Sie einen Augenblick nur glauben, daß ich mich dazu hergeben werde, Leute zu verteidigen, die nach meiner aufrichtigen Überzeugung den Kampf zwischen Kapital und Arbeit unterstützen – daß ich auf Arbeiter schießen werde, die voll und ganz in den Grenzen ihres Rechtes handeln? Sie können doch nicht so blind sein! Denn wozu die Sache noch komplizierter machen? Ich kann doch wirklich nicht gestatten, daß ich zum gehorsamen Nationalgardisten ausgebildet werde, wie Sie ihn wünschen und brauchen.
Auf Grund aller dieser Ursachen, insbesondere aber deshalb, weil ich das Morden auf Kommando hasse, weigere ich mich, in den Dienst der Nationalgarde zu treten, und bitte Sie, mir weder eine Uniform, noch Waffen zuzuschicken, da ich die unumstößliche Absicht habe, sie nicht zu gebrauchen.
Ich begrüße Sie, Herr Kommandeur!
J. K. Van der Ver.
Dieser Brief hat meiner Meinung nach eine sehr große Bedeutung.
Die Weigerungen, Militärdienste zu leisten, traten in den christlichen Staaten seit der Zeit auf, als der Militärdienst entstand, oder richtiger gesagt, seit der Zeit, als die Staaten, deren Macht auf Gewalt beruht, das Christentum angenommen haben, ohne von der Gewalt sich losgesagt zu haben.
Wahre Christen gab es stets nur wenig, die größte Mehrzahl der Menschen christlicher Staaten wurde den Christen zugerechnet, weil sie den kirchlichen Glauben bekannten, der mit dem wahren Christentum nur den Namen gemein hat. Daß dann und wann einer unter den Zehntausenden, die Militärdienste leisteten, sich weigerte, in den Militärdienst zu treten, hatte nicht im geringsten jene Millionen von Menschen schwankend gemacht, die jedes Jahr zum Militär gingen.
„Es ist doch aber unmöglich, daß jene ungeheure Menge von Christen, die Militärdienste leisten, sich im Irrtum befindet und nur die Ausnahmen recht haben, – die Ausnahmen, häufig Menschen mit geringer Bildung, während doch Erzbischöfe und Gelehrte erklären, der Militärdienst befände sich nicht im Widerspruch mit dem Christentum,“ – sagte sich die große Menge und indem sie fortfuhren, sich für Christen zu halten, traten sie in die Reihen der Mörder.
Aber da kommt ein Mann, Nichtchrist, wie er Von sich selber sagt, und weigert sich, Militärdienste zu leisten, nicht aus religiösen, sondern aus den allereinfachsten Gründen, die jeder Mensch begreift und die jedem Menschen zugänglich sind, gleichviel welcher Konfession und welcher Nationalität – gleichviel ob Katholik, Mohamedaner, Buddhist, Confucier, Spanier, Araber, Japaner …
Hätte Van der Ver als Grund seiner Weigerung seine Zugehörigkeit zu irgend einer christlichen Konfession angeführt, könnten Leute, denen der Militärdienst bevorsteht, sagen: „Ich bin nicht Sektierer und erkenne das Christentum nicht an, daher brauche ich auch nicht so zu handeln.“ Die Gründe von Van der Ver sind aber so einfach, so klar und allen Menschen so zugänglich, daß man sie aus sich selbst anwenden muß. Will man diese Gründe für sich nicht anerkennen, dann muß man sagen: „Ich liebe den Mord und bin bereit, nicht nur die Feinde, sondern auch meine bedrückten und unglücklichen Landsleute zu töten und finde nichts Schlechtes in der Verpflichtung, auf Befehl des ersten besten Chefs alle die zu töten, die er zu töten befehlen sollte.“
Und doch ist alles so klar.
Der junge Mensch lebt; gleichviel in welchem Stande und in welcher Konfession er aufgewachsen ist, man lehrt ihn, gut sein und daß es schlecht sei, nicht nur einen Menschen, sondern selbst ein Tier zu schlagen und zu töten, man sagt ihm, daß ein Mensch seine Würde hoch schätzen müsse und daß diese Würde darin bestehe, seinem Gewissen entsprechend zu handeln. Das wird in gleicher Weise sowohl dem Chinesen-Confucier, wie auch dem Japaner-Schintoisten oder Buddhisten oder auch dem Türken-Mohamedaner beigebracht. Und nun, nachdem man ihm das alles beigebracht hat, tritt er in den Militärdienst, wo man von ihm gerade das Gegenteil von dem verlangt, was man ihn lehrte: man befiehlt ihm, sich vorzubereiten, nicht nur Tiere, sondern auch Menschen zu verwunden und zu töten, man heißt ihn sich von seiner Menschenwürde lossagen, um in den Sachen des Mordens unbekannten Menschen zu gehorchen. Was kann auf ein solches Verlangen ein Mann unserer Zeit erwidern? Doch wohl nur eines: „Ich will und kann es nicht thun.“
Dasselbe that auch Van der Ver. Und es ist schwer zu sagen, was er und diejenigen Menschen, die sich in seiner Lage befinden, anders antworten könnten.
Man kann die Andeutung einer That nicht erfassen, solange sie nicht aufgeklärt ist, – ist dies aber geschehen, so muß man sehend werden. Aber man kann sich verstellen und angeblich nicht sehen, was ganz klar ist!
Vielleicht findet sich auch jetzt noch ein Mensch, der nicht daran denkt, was er thut, wenn er in den Militärdienst eintritt; es finden sich vielleicht noch solche Menschen, die den Krieg mit fremden Völkern oder die fernere Unterdrückung der Arbeiter wünschen, oder es giebt selbst noch solche Leute, die den Mord um des Mordes willen lieben. Solche Leute können Krieger sein, aber sogar diese Leute müssen jetzt schon wissen, daß es Leute und die besten Leute des Weltalls nicht nur unter Christen, sondern auch unter Mohamedanern, Braminen, Buddhisten, Confuciern giebt, die mit Widerwillen und Verachtung auf den Krieg und das Militär herabschauen; und daß die Zahl dieser Menschen sich mit jeder Stunde steigert. Keine Beweisgründe werden vermögen, jene einfache Wahrheit umzustoßen, daß ein Mensch, der sich selbst schätzt, nicht Sklave eines unbekannten und selbst eines bekannten Herrn werden kann, der mörderische Absichten hat. Und gerade darin besteht der Militärdienst mit seiner Disciplin.
„Aber Sie Vergessen die Verantwortlichkeit, welche derjenige auf sich ladet, der nicht dienen will,“ sagt man mir. „Sie haben gut Märtyrertum predigen, wo Sie alt, durch Ihre Stellung gesichert sind und dieser Versuchung nicht mehr unterliegen; aber wie wird es denen ergehen, zu denen Sie predigen und die Ihnen vertraut haben und sich weigern zu dienen und ihr junges Leben ruinieren?“
,,Ja, was soll ich aber thun?“ erwidere ich diesen Leuten. Soll ich denn deshalb, weil ich alt bin, auf jenes Übel nicht hinweisen, welches ich gerade darum deutlich und klar erkenne, weil ich alt bin, lange gelebt und viel nachgedacht habe? Nehmen wir zum Beispiel einen Räuber, der am Ufer eines Flusses einen Menschen zwingen will, einen anderen Menschen zu töten. Soll ich nun diesem Mörder nicht zurufen: „Halte ein!“ nur darum, weil ich am anderen Ufer dem Räuber unerreichbar bin und ihn aller Wahrscheinlichkeit nach durch meine Einmischung nur noch mehr reizen würde? Überdies sehe ich gar nicht ein, weshalb die Regierung, welche diejenigen verfolgt, die sich weigern zu dienen, ihre Strafen auf mich nicht anwenden sollte, indem sie in mir den Anstifter dieser Weigerungen sucht. Ich bin nicht so alt, daß ich nicht verfolgt und bestraft werden könnte, und was meine Position betrifft, so schützt sie mich doch nicht. Jedenfalls, gleichviel ob man mich verfolgen wird oder nicht, wird man doch diejenigen verurteilen und verfolgen, die sich weigern zu dienen, – darum, so lange ich lebe, werde ich nicht aufhören, das auszusprechen, was ich jetzt ausspreche, weil ich nicht aufhören kann zu handeln, wie mir mein Gewissen vorschreibt.
Darin liegt auch die Kraft und Unbesiegbarkeit des Christentums, d.h. der Lehre von der Wahrheit, daß dasselbe, um auf die Menschen zu wirken, keine Unterstützung von außen her braucht. Gleichviel, ob man jung oder alt ist, ob man verfolgt wird oder nicht, – hat man sich einmal die christliche, d.h. die wahre Lebensanschauung angeeignet, so kann man von den Forderungen seines Gewissens nicht mehr zurücktreten. Darin besteht das Wesen und die Sonderheit des Christentums gegenüber allen anderen religiösen Lehren und darin liegt seine unbesiegbare Macht.
Wie ein Feuer auf einer Steppe oder im Walde so lange brennt, bis es alles Trockene, Abgestorbene, das dem Brennprozeß unterliegt, verbrannt hat, so wird eine in Worten einmal ausgedrückte Wahrheit so lange wirken, bis sie die ganze Lüge, die der Vernichtung unterliegt und die an allen Seiten die Wahrheit umgiebt und sie verhüllt, vernichtet haben wird. Das Feuer glimmt lange, sobald es aber entfacht ist, verbrennt es alles leicht Verbrennbare. Ebenso will der Gedanke, der keinen Ausdruck findet, lange heraus, findet er endlich einen deutlichen Ausdruck in Worten, dann gehen das Übel und die Lüge sehr bald zu Grunde. Eine der privaten Äußerungen des Christentums – der Gedanke, daß die Menschheit ohne Sklaverei leben kann – war zwar im Christentum aufgenommen worden, fand aber seinen deutlichen Ausdruck, wie ich glaube, erst bei den Schriftstellern am Ende des XVIII. Jahrhunderts. Bis zu dieser Zeit jedoch haben nicht nur die alten Heiden – Plato und Aristoteles – sondern selbst Leute, die uns näher stehen und Christen, nicht vermocht, sich die menschliche Gesellschaft ohne die Sklaverei vorzustellen.
Thomas Moore konnte sich die Utopie nicht ohne Sklaverei denken. In gleicher Weise konnten sich die Menschen am Anfang dieses Jahrhunderts das Leben der Menschheit nicht ohne Krieg denken. Erst nach den Napoleonischen Kriegen wurde der Gedanke klar geäußert, daß die Menschheit ohne Krieg leben könne. Es verstrichen kaum hundert Jahre seit der Zeit, wo der Gedanke klar ausgesprochen wurde, daß die Menschheit ohne Sklaverei leben könne, und unter den Christen gab es keine Sklaverei und es werden keine hundert Jahre seit jenem Ausspruch vergehen, und es wird keinen Krieg mehr geben! Es ist sehr möglich, daß der Krieg nicht vollständig abgeschafft würde, wie die Sklaverei auch nicht endgültig abgeschafft wurde. Es ist sehr möglich, daß die militärische Gewaltthätigkeit noch bestehen wird, wie die Lohnarbeit nach dem Abschaffen der Sklaverei besteht, jedenfalls aber werden der Krieg und das Heer in der der Vernunft und dem sittlichen Gefühl zuwiderlaufenden Form, die sie jetzt haben, nicht mehr bestehen.
Und es sprechen sehr viele Anzeichen dafür, daß diese Zeit nahe ist; diese Anzeichen sind an der verzwickten Lage der Regierungen, die immer mehr ihre Bewaffnungen vergrößern, und in der immer steigenden Schwere der Lasten und der Volksunzufriedenheit, in dem höchsten Grade der Tödlichkeit der Kriegsgeschütze, an der Thätigkeit der Kongresse und der Friedensgesellschaften – vor allem aber an den Weigerungen einzelner Personen, zu dienen, zu konstatieren. In diesen Weigerungen liegt der Schlüssel zur Lösung der Frage.
Jedes Anerkennen einer Wahrheit, oder richtiger gesagt, jede Befreiung von irgend einem Irrtum – wie es die Sklaverei war – wird stets nach einem schweren Kampfe zwischen dem Bewußtsein des Menschen und der Anziehungskraft des früheren Zustandes erreicht.
Anfangs ist die Anziehungskraft so stark und das Bewußtsein so schwach, daß der erste Versuch, sich vom Irrtum zu befreien, nur mit Kopfschütteln begrüßt wird. Die neue Wahrheit wird als Unsinn hingestellt. „Kann man denn ohne Sklaverei leben? Wer wird dann arbeiten? Kann man denn ohne Kriegführen leben? Jeder wird kommen und uns besiegen.“ Aber die Kraft des Bewußtseins steigert sich, die Anziehungskraft schwächt sich ab und an Stelle des ersten Kopfschütteln treten Spott und Verachtung. „Die heilige Schrift erkennt Herren und Diener. Solche Beziehungen bestanden ewig. – Und nun haben sich solche kluge Leute herausgefunden, die die ganze Welt aus den Kopf stellen wollen,“ so sprach man von der Sklaverei. „Alle Gelehrten und Weisen haben die Gesetzlichkeit und selbst die Heiligkeit des Krieges anerkannt, und plötzlich sollen wir glauben, daß man nicht Krieg zu führen brauche!“ so sprechen sie in Bezug aus den Krieg. Aber das Bewußtsein steigt und klärt sich auf; die Zahl derer, die die neue Wahrheit anerkennen, wird immer größer und größer und an Stelle des Spottes und der Verachtung treten nun Schlauheit und Betrug. Die Menschen, die die Verirrung unterstützen, stellen sich so, als wenn sie die Unvernunft, die Grausamkeit jener Maßregel begreifen und erkennen, welche sie verteidigen, sie halten aber ihre Abschaffung im gegebenen Augenblick für unmöglich und verschieben sie auf eine unbestimmte Zeit. „Wer weiß es denn nicht, daß die Sklaverei schlecht ist, aber die Menschen seien für die Freiheit nicht reif, und die Befreiung würde großes Unglück anstiften,“ so sprach man vor 40 Jahren von der Sklaverei. „Wer weiß es denn nicht, daß der Krieg ein Übel ist. Solange aber die Menschheit noch so tierähnlich ist, würde die Abschaffung des Heeres mehr Böses als Gutes stiften,“ so spricht man jetzt vom Kriege. Doch der Gedanke verrichtet seine Arbeit, wächst und verbrennt die Lüge, und es kommt die Zeit, wo Unvernunft, Ziellosigkeit, Schädlichkeit und Unsittlichkeit der Verirrrung so deutlich vor die Augen treten, daß sie nicht länger zu verteidigen sind. (Dasselbe spielte sich in den [18]60er Jahren in Rußland und Amerika hinsichtlich der Sklaverei ab.) So steht es jetzt in der Sache des Kriegführens. Wie man seiner Zeit nicht versuchte, die Sklaverei zu rechtfertigen, sondern sie bloß noch hielt, so werden jetzt keine Versuche gemacht, den Krieg und das Heer zu rechtfertigen, sondern man übergeht alles mit Schweigen, wobei man jene Anziehungskraft benutzt, die noch immer den Krieg und Heer halten, indem man wohl weiß, daß diese ganze so machtvoll erscheinende, grausame und unmoralische Organisation des Mordens jeden Augenblick umstürzen kann und sich nicht wieder emporheben wird. Aber es braucht nur ein Tropfen Wasser durch den Damm hindurchgesickert oder ein Ziegelstein aus einem großen Gebäude herausgefallen zu sein oder eine Masche aus einem festen Netz sich gelöst haben, so rutscht der Damm, das Gebäude stürzt ein, das Netz geht entzwei: Ein solcher Tropfen Wasser, ein solcher Stein, eine solche Masche ist die allgemein begründete Weigerung Van der Vers. Van der Vers Weigerung müßten immer häufiger noch weitere Weigerungen folgen, und sobald die Zahl derselben groß geworden ist, so werden dieselben Menschen, die noch gestern behaupteten, daß man ohne Kriegführen nicht auskommen könne, nunmehr sagen, daß sie schon lange die Widersinnigkeit und Unsittlichkeit des Krieges predigen und ihnen raten, so zu handeln, wie Van der Ver gehandelt hat und vom Krieg und Heer in der Form, wie sie jetzt bestehen, wird nur eine bloße Erinnerung zurückbleiben.
Und diese Zeit ist nahe.
Jassnaja Poljana, 24. Sept. 1896.
Abbildung oben: Militärische Kulthandlung zum fünfzigsten Gründungstag der US-amerikanischen Ramstein Air Base in Deutschland, 9.3.2002. – commons.wikimedia.org (https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Gro%C3%9Fer_Zapfenstreich_Ramstein_Air_Base_2002.jpg).
BIBLIOGRAPHIE UND WEITERE TEXTVERSIONEN / ÜBERSETZUNGEN
A. Russischer Text ǀ Lew N. Tolstoi: ПРИБЛИЖЕНИЕ КОНЦА ǀ Približenie konca (Das Nahen des Endes, 1896). In: PSS [Sowjetische Gesamtausgabe in 90 Bänden, Moskau 1928-1957 ff: Polnoe sobranie sočinenij]. Band 31. Moskau 1954, S. 78-86. [https://tolstoy.ru/online/90/31/] Siehe unten
B. Übersetzung deutsch I ǀ Krieg und Vernunft. Von Graf Leo Tolstoi. Autorisierte deutsche Ausgabe von Dr. Alexis Markow. Berlin: Stuhrʼsche Buchhandlung (Johannes Räde) 1897. [20 Seiten] [auch abgedruckt in: L. N. Tolstoi, Rede gegen den Krieg. Politische Flugschriften, herausgegeben von P. Urban. Frankfurt/M 1968]. Siehe oben
C. Übersetzung deutsch II ǀ Das Ende naht. Von Leo Tolstoi. Deutsch von W[ilhelm]. Henckel. Zürich: Verlag von Karl Henckell & Co. [1897]. [17 Seiten] Siehe unten
D. Englische Übersetzung (Internet-Ressource, gemeinfrei) ǀ The Beginning of the End. by Leo Tolstoy (1896). https://nonresistance.org/docs_pdf/Tolstoy/The_Beginning_of_the_End.pdf - Siehe unten
E. Tolstoi-Friedensbibliothek ǀ Übersicht: Die Bände zur Kriegsverweigerung. – Siehe unten (Zusammenstellung der sechs Bücher)
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A.
Russischer Text ǀ Lew N. TOLSTOI: ПРИБЛИЖЕНИЕ КОНЦА ǀ Približenie konca (Das Nahen des Endes, 1896). In: PSS [Sowjetische Gesamtausgabe in 90 Bänden, Moskau 1928-1957 ff: Polnoe sobranie sočinenij]. Band 31. Moskau 1954, S. 78-86. [https://tolstoy.ru/online/90/31/]
ПРИБЛИЖЕНИЕ КОНЦА
В нынешнем 1896 году молодой человек Ван-дер-Вер был призван в Голландии к поступлению в национальную гвардию.
На требование командира Ван-дер-Вер ответил следующим письмом:
«Не убий».
Господину Герману Снейдерс.
Командиру национальной гвардии Мидельбургского округа.
Милостивый государь!
Прошлую неделю я получил бумагу, в которой мне было приказано явиться в городскую думу для того, чтобы согласно закону быть зачисленным в национальную гвардию. Как Вы, вероятно, заметили, я не явился; и настоящее письмо имеет целью довести до Вашего сведения откровенно и без обходов, что я не намерен явиться перед комиссией; я хорошо знаю, что подвергаю себя тяжелой ответственности, что Вы можете меня наказать и не преминете воспользоваться этим Вашим правом. Но меня это не страшит. Причины, побуждающие меня проявить этот пассивный отпор, представляют для меня достаточно значительный противовес этой ответственности.
Лучше, чем большинство христиан, я, будучи, если угодно, не христианином, понимаю заповедь, стоящую во главе этого письма, — заповедь, присущую человеческой природе и разуму. Будучи еще ребенком, я позволял обучать себя солдатскому ремеслу, — искусству убивать; но теперь я отказываюсь! В особенности я не желаю убивать по команде, что является78 79 убийством против совести, без всякого личного побуждения или какого-либо основания. Можете ли Вы мне назвать что-либо более унизительное для человеческого существа, нежели совершение подобных убийств или резни? Я не могу ни убить, ни видеть убийства какого-либо животного, и для того, чтобы не убивать животных, я сделался вегетарианцем. А в настоящем случае мне могли бы «приказать» стрелять по людям, никогда не сделавшим мне никакого зла: ведь не для того же, я полагаю, обучаются солдаты ружейным приемам, чтобы попадать в листья или ветки деревьев.
Но Вы, быть может, скажете мне, что национальная гвардия должна также и прежде всего содействовать поддержанию внутреннего порядка.
Господин командир, если бы действительно порядок царствовал в нашем обществе, если бы общественный организм был на самом деле здоров, другими словами: если бы не было таких вопиющих злоупотреблений в общественных отношениях, если бы не было дозволено, чтобы один умирал с голода в то время, как другой может позволить себе все прихоти роскоши, — тогда Вы увидали бы меня в первых рядах защитников этого порядка; но я безусловно отказываюсь содействовать поддержанию теперешнего так называемого порядка. К чему, господин командир, пускать друг другу пыль в глаза? Ведь оба мы отлично знаем, что означает поддержание этого порядка: поддержку богачей против нищих тружеников, начинающих сознавать свои права. Разве мы не видели роли, которую, во время последней стачки в Ротердаме, разыграла Ваша национальная гвардия: без всякого основания эта гвардия должна была целыми часами находиться на службе для того, чтобы защищать имущество угрожаемых торговых фирм. И можете ли Вы на одну минуту предположить, что я поддамся участию в защите людей, которые, по моему искреннему убеждению, поддерживают войну между капиталом и трудом, — что я буду стрелять в рабочих, действующих всецело в пределах своего права. Вы не можете быть настолько слепы! Зачем же усложнять дело? Не могу же я, на самом деле, позволить вылепить из себя послушного национального гвардейца, такого, какого Вы желаете и какой Вам нужен.
На основании всех этих причин, но в особенности потому, что я ненавижу убийство по команде, я и отказываюсь от службы79 80 в качестве национального гвардейца, прося Вас не присылать мне ни мундира, ни оружия, так как я имею непреклонное намерение не употреблять их.
Приветствую Вас, господин командир.
И. К. Ван-дер-Вер.
Письмо это, по моему мнению, имеет очень большое значение.
Отказы от военной службы в христианских государствах начались с тех пор, как в христианских государствах появилась военная служба, или, скорее, с тех пор, как государства, власть которых основана на насилии, приняли христианство, не отказавшись от насилия.
В сущности оно и не может быть иначе: христианин, учение которого предписывает ему смирение, непротивление злу, любовь ко всем, даже врагам, не может быть военным, т. е. принадлежать к сословию людей, предназначенных только для убийства себе подобных.
И потому истинные христиане всегда отказывались и теперь отказываются от военной службы.
Но истинных христиан всегда было мало; огромное большинство людей христианских государств только числились христианами, исповедуя церковную веру, не имеющую ничего общего, кроме имени, с истинным христианством. То, что изредка появлялся, на десятки тысяч поступающих в военную службу, один, отказавшийся от нее, нисколько не смущало те сотни тысяч, миллионы людей, которые каждый год поступали в военную службу.
«Не может же быть, чтобы заблуждалось всё огромное большинство христиан, поступающих в военную службу, а были правы только исключения, часто малообразованные люди, отказывающиеся от военной службы, тогда как архиепископы и ученые люди признают ее совместной с христианством», — говорили себе люди большинства, и спокойно, считая себя христианами, поступали в ряды убийц.
Но вот является человек не христианин, как он сам заявляет о себе, и отказывается от военной службы не по религиозным, а по самым простым причинам, понятным и общим всякому человеку, какого бы он ни был исповедания и какой бы ни был национальности — католик, магометанин, буддист, конфуцианец, испанец, араб, японец...
Отказывается Ван-дер-Вер от военной службы не потому, что он следует заповеди «не убий», и не потому, что он христианин, а потому, что он считает убийство противным разуму человека. Он пишет, что просто ненавидит всякое убийство, и ненавидит его до такой степени, что стал вегетарианцем, только бы не быть участником в убийстве животных; главное же, он говорит, что отказывается от военной службы потому, что считает убийство по приказанию, т. е. обязательство убивать тех людей, которых ему велят убивать (в чем собственно и состоит военная служба), делом несовместимым с достоинством человека. На обычное же возражение о том, что если он не будет служить, и по его примеру не будут служить и другие, то нарушится существующий порядок, он отвечает тем, что он и не хочет поддерживать существующий порядок, потому что порядок этот дурной, такой, в котором властвуют богатые над бедными, а этого не должно быть, так что если бы у него и было какое-нибудь сомнение о том, нужно ли или не нужно служить в военной службе, одна мысль о том, что, служа в военной службе, он оружием и угрозой убийств будет поддерживать угнетающих богатых против угнетенных бедных, заставила бы его отказаться от военной службы.
Если бы Ван-дер-Вер выставлял причиною отказа свою принадлежность к какому-нибудь христианскому исповеданию, люди, которым предстоит поступление в военную службу, могли бы сказать: «Я не сектант и не признаю христианства, и потому не считаю нужным поступать так же». Но причины, выставляемые Ван-дер-Вером, так просты, ясны и так общи всем людям, что невозможно не применить их к себе. Теперь для того, чтобы признать причины эти необязательными для себя, надо сказать: «Я люблю убийство и готов убивать не только врагов, но и своих угнетенных и несчастных соотечественников и не нахожу ничего дурного в том, чтобы обещаться по приказанию первого встречного начальника убивать всех тех, кого он прикажет».
Ведь дело очень просто.
Живет молодой человек; в какой бы среде и семье и исповедании он ни вырос, его учат тому, что надо быть добрым, что очень дурно не только бить и убивать человека, но и животного, учат его тому, что человек должен дорожить своим достоинством, а достоинство состоит в том, чтобы поступать сообразно своей81 82 совести. Этому учат одинаково и китайца-конфуцианца, и японца-шинтоиста или буддиста, и турка-магометанина. И вдруг после того, как его научили всему этому, он поступает в военную службу, где от него требуют обратного тому, чему его учили: ему велят готовиться ранить и убивать не животных, а людей, велят ему отказаться от своего человеческого достоинства и повиноваться в деле убийства неизвестным и незнакомым ему людям. Что может отвечать на такое требование человек нашего времени? Очевидно, только одно: «Не хочу и не буду».
Это самое сделал Ван-дер-Вер. И трудно придумать, что можно ответить ему и всем тем людям, которые, находясь в таком же, как и он, положении, должны поступать так же.
Можно не видать того, на что не обращено еще внимания, и не понимать значения поступка, пока оно не разъяснено, но раз указано и разъяснено, нельзя уже не видать или притворяться, что не видишь того, что совершенно ясно.
Может найтись и теперь человек, который не думал о том, что он делает, поступая в военную службу; могут найтись и такие люди, которые желают войны с чужими народами, или желают продолжать угнетать рабочих, или даже такие люди, которые любят убийство для убийства. Такие люди могут еще быть военными, но и эти люди теперь не могут не знать, что есть люди, и самые лучшие люди всего мира среди не только христиан, но магометан, браминов, буддистов, конфуцианцев, которые с отвращением и презрением смотрят на войну и военных, и что количество этих людей с каждым часом увеличивается. Никакие аргументы не могут разговорить ту простую истину, что человеку, уважающему себя, нельзя идти в рабство к неизвестному или хотя бы известному, но имеющему убийственные цели, хозяину. А в этом самом только и состоит военная служба с своей дисциплиной.
«Но ответственность, которой подвергается отказывающийся? — говорят мне на это. — Хорошо вам, старику, уже не подлежащему этому испытанию и обеспеченному своим положением, проповедовать мученичество; но каково тем, которым вы проповедуете и которые, поверив вам, отказываются и губят свою молодую жизнь?» — Но что же мне делать? отвечаю я тем, которые говорят мне это. Неужели потому, что я старик, мне надо не указывать на то зло, которое я ясно и несомненно вижу именно потому, что я старик и много жил и думал. Разве человек82 83 находящийся на другой стороне реки и потому недоступный для разбойника, видящий, как этот разбойник хочет заставить одного человека убить другого, не должен кричать убивающему человеку, чтобы он не делал этого, хотя бы такое вмешательство озлобило бы еще больше разбойника? Кроме того, я никак не вижу, почему правительство, подвергая гонениям тех, которые отказываются от военной службы, не обратит свои кары на меня, признав меня подстрекателем этих отказов. Я не настолько стар, чтобы не мог подвергнуться гонениям и всякого рода казням, и положение мое вовсе не ограждает меня. Во всяком случае будут или не будут осуждать и преследовать меня, будут или не будут осуждать и преследовать тех, которые отказываются от военной службы, я, пока жив, не перестану говорить то, что говорю, потому что не могу перестать поступать по своей совести.
Тем-то и могущественно и непобедимо христианство, т. е. учение истины, что оно, для воздействия на людей, не может руководствоваться никакими внешними соображениями. Молод или стар человек, подлежит он за это гонениям или нет, человек, усвоивший себе христианское, т. е, истинное жизнепонимание, не может отступить от требований своей совести. В этом сущность и особенность христианства от всех других религиозных учений и в этом его неодолимое могущество.
Ван-дер-Вер говорит, что он не христианин, но мотивы его отказа и поступок его христианские: отказывается он потому, что не хочет убивать брата; не повинуется же потому, что веление его совести для него обязательнее повелений людских. От этого-то и особенно важен отказ Ван-дер-Вера. Отказ этот показывает, что христианство не есть какая-либо секта или исповедание, которого могут держаться одни люди и не держаться другие, но что христианство есть не что иное, как следование в жизни тому свету разумения, который просвещает всех людей. Значение христианства не в том, что оно предписывало людям такие или иные поступки, а в том, что предвидело и указывало тот путь, по которому должно было идти и пошло всё человечество.
Люди, поступающие теперь добро и разумно, поступают так не потому, что следуют предписаниям Христа, а потому, что то, что 1800 лет назад высказывалось как направление деятельности, теперь стало сознанием людей.
Вот потому-то я и думаю, что поступок и письмо Ван-дер-Вера имеют большое значение.
Как пущенный по степи или по лесу огонь до тех пор не потухает, пока не выжигает всего сухого, мертвого, и потому подлежащего горению, так и раз выраженная словом истина до тех пор не перестанет действовать, пока не уничтожит всю ту ложь, подлежащую уничтожению, которая со всех сторон окружает и скрывает истину. Огонь долго тлеет, но как скоро он вспыхнул, он сжигает всё сгорающее очень скоро. Так же и мысль долго просится наружу, не находя выражения; но стоит ей найти ясное выражение в слове, и ложь и зло уничтожаются очень скоро. Одно из частных проявлений христианства — мысль о том, что человечество может жить без рабства, хотя и включена была в идею христианства, ясно была выражена, как мне кажется, только у писателей конца 18 столетия. До этого же времени не только древние язычники — Платон и Аристотель, но люди близкие к нам по времени и христиане не могли себе представить человеческого общества без рабства. Томас Мур не мог себе представить и Утопию без рабства. Точно так же и люди начала нынешнего столетия не могли себе представить жизни человечества без войны. Только после наполеоновских войн была ясно выражена мысль о том, что человечество может жить без войны. И вот прошло сто лет с тех пор, как ясно была выражена мысль о том, что человечество может жить без рабства, и среди христиан уже нет рабства; и не пройдет ста лет после того, что ясно была выражена мысль о возможности человечеству жить без войны, и войны не будет. Очень может быть, что уничтожится война не совершенно, как не совершенно уничтожено рабство. Очень может быть, что военное насилие еще останется, как остался наемный труд после уничтожения рабства, но во всяком случае будут уничтожены война и войско в той противной и разуму и нравственному чувству грубой форме, в которой они существуют теперь.
Признаков того, что время это близко, очень много. Признаки эти в безвыходном положении правительств, всё увеличивающих и увеличивающих свои вооружения, и в всё растущей тяжести податей и недовольстве народов, и в доведенной до последней степени убийственности военных орудий, и в деятельности конгрессов и обществ мира, главное же в отказах вообще84 85 отдельных лиц от военной службы. В этих отказах — ключ к разрешению вопроса.
«Вы говорите, что военная служба необходима, что если бы ее не было, нас постигли бы страшные бедствия. Всё это может быть, но с тем понятием о добре и зле, которое обще всем людям нашего времени и вам самим, я не могу убивать людей по приказанию. Так что, если военная служба, как вы говорите, очень нужна, то устройте ее так, чтобы она не была в таком противоречии с моею и вашею совестью. Пока же вы не устроили этого, а требуете от меня того, что прямо противно ей, я никак не могу повиноваться».
Так неизбежно должны ответить, и в очень скором времени, все честные и разумные люди не только нашего христианского мира, но и магометане и так называемые язычники — брамины, буддисты и конфуцианцы. Может быть, по инерции военное дело еще продержится некоторое время, но вопрос уже решен в сознании людей, и с каждым днем, каждым часом всё большее и большее число людей приходит к тому же решению, и остановить это движение уже нет никакой возможности.
Всякое признание людьми какой-либо истины или скорее освобождение от какого-либо заблуждения — так это было на наших глазах с рабством — достигается всегда борьбою между уяснением сознания людей и инерцией прежнего состояния.
Сначала инерция так сильна и сознание так слабо, что первая попытка освобождения от заблуждения встречается только удивлением. Новая истина представляется безумием. «Разве можно жить без рабства? Кто же будет работать? Разве можно жить без войны? Всякий придет и завоюет нас». Но сила сознания всё растет, инерция всё ослабевает и удивление всё сменяется насмешками и презрением. «Священное писание признает господ и рабов. Такое отношение существовало вечно; и вдруг нашлись такие умники, которые хотят переделать весь мир», — говорили о рабстве. «Все ученые и мудрецы признавали законность и даже святость войны, и вдруг мы поверим, что не нужно воевать!» — говорят о войне. Но сознание всё растет и уясняется: людей, признающих новую истину, становится всё больше и больше, и насмешки и презрение сменяются хитростью и обманами. Люди, поддерживающие заблуждение, делают вид, что они понимают и признают несообразность,85 86 жестокость той меры, которую они защищают, но считают уничтожение ее невозможным теперь, откладывая ее уничтожение на неопределенное время. «Кто же не знает, что рабство дурно, но люди еще не готовы для свободы, и освобождение произведет страшные бедствия», — говорили про рабство 40 лет тому назад. «Кто же не знает, что война есть зло? Но пока человечество еще так зверообразно, уничтожение войска произвело бы больше зла, чем добра», говорят теперь про войну. Но мысль делает свое дело, растет и сжигает ложь, и наступает то время, когда безумие, бесцельность, вред и безнравственность заблуждения до такой степени ясны (так было на нашей памяти с рабством в 60-х годах в России и Америке), что уже нельзя защищать его. Так это теперь в деле войны. Как тогда уже не пытались оправдывать рабство, а только поддерживали его, так и теперь уже не пытаются оправдывать войну и войско, а только отмалчиваются, пользуясь той инерцией, которая еще поддерживает войну и войско, зная очень хорошо, что вся эта кажущаяся столь могущественной жестокая и безнравственная организация убийства всякую минуту может рухнуть с тем, чтобы никогда уже не возобновляться. Но стоит просочиться сквозь плотину одной капле воды, или из огромного здания вывалиться одному кирпичу, или из самой твердой сети распуститься одной петле, и прорывается плотина, заваливается здание, распускается сеть. Такой каплей, таким камнем, такой распущенной петлей представляется мне отказ Ван-дер-Вера, мотивированный причинами, общими всему человечеству. За отказом Ван-дер-Вера должны последовать всё чаще и чаще такие же отказы, а как только таких отказов будет много, так тотчас же те самые люди, которые вчера еще говорили (а имя им легион), что без войны нельзя жить, скажут, что они уже давно проповедуют безумие и безнравственность войны, советуют вам поступать так, как поступил Ван-дер-Вер, и от войны и войска в том виде, в котором они существуют теперь, останется одно воспоминание.
И время это близко.
Ясная Поляна
24 сентября 1896.
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C. Übersetzung deutsch II ǀ Das Ende naht. Von Leo Tolstoi. Deutsch von W[ilhelm]. Henckel. Zürich: Verlag von Karl Henckell & Co. [1897]. [17 Seiten]
D a s E n d e n a h t
Von Leo Tolstoi.
(Deutsch von W[ilhelm]. Henckel)
Im Jahre 1896 wurde in Holland ein junger Mann, namens van der Weer [Veer], zur Nationalgarde einberufen. Er antwortete darauf durch folgendes Schreiben an den Kommandanten:
„Du sollst nicht töten.“
Herrn Hermann Snyders,
Kommandant der Nationalgarde des Middelburger Kreises.
Sehr geehrter Herr!
In der vergangenen Woche erhielt ich eine Zuschrift, worin mir der Befehl erteilt wurde, ins Rathaus zu kommen, um, dem Gesetze zufolge, in die Reihen der Nationalgarde einzutreten. Sie werden bemerkt haben, daß ich nicht gekommen bin, und dieser Brief soll Ihnen aufrichtig und ohne Umschweife erklären, weshalb ich nicht beabsichtige, vor Ihrer Kommission zu erscheinen. Ich weiß, daß ich mich dadurch einer schweren Verantwortlichkeit aussetze, daß Sie mich bestrafen können und daß Sie es auch nicht unterlassen werden, dieses Recht auszuüben. Das schreckt mich aber nicht. Die Gründe, die mich zu dieser passiven Widersetzlichkeit veranlassen, genügen mir, um mich zu rechtfertigen.
Das oben angeführte Gebot „Du sollst nicht töten“ glaube ich besser zu verstehen, als die meisten Christen, obschon ich, wenn Sie es wissen wollen, kein Christ bin.
Es entspricht der Natur des Menschen und seiner Vernunft. Als ich noch ein Kind war, duldete ich, daß man mir das Soldatenhandwerk – die Kunst zu töten – lehrte; jetzt aber weigere ich mich dessen. Namentlich aber wünsche ich nicht, auf Kommando töten zu müssen, denn ohne irgend einen persönlichen Beweggrund und ohne alle Ursache zu töten ist gegen mein Gewissen. Gibt es wohl etwas für ein menschliches Wesen Erniedrigenderes, als solche Tötungen und Schlächtereien? Ich kann weder selbst töten, noch auch das Töten eines Tieres ansehen, und damit kein Tier meinetwegen getötet zu werden braucht, bin ich Vegetarier geworden. Nun aber wäre es doch möglich, daß man mir befehlen würde, auf Menschen zu schießen, die mir niemals etwas zuleide gethan haben; denn man lehrt den Soldaten das Schießen doch nicht deshalb, damit sie die Blätter oder Zweige der Bäume treffen lernen!
Sie werden mir vielleicht erwidern, die Nationalgarde sei auch, und zwar vorzugsweise, zur Aufrechterhaltung der Ordnung im Lande bestimmt.
Herr Kommandant, herrschte in unserer Gesellschaft wirklich Ordnung, wäre der staatliche Organismus wirklich gesund, fänden, mit anderen Worten, in unsern gesellschaftlichen Verhältnissen nicht solche himmelschreiende Mißstände statt, würde man es nicht dulden, daß der eine vor Hunger stirbt, während andere im Ueberfluß schwelgen – dann würden Sie mich in den ersten Reihen derer sehen, die diese Ordnung stützen; aber die gegenwärtig bestehende, sogenannte Ordnung aufrecht erhalten zu helfen, weigere ich mich ganz entschieden. Wozu, Herr Kommandant, wollen wir uns gegenseitig Sand in die Augen streuen! Wir beide wissen es ja gut genug, was die Erhaltung der gegenwärtigen Ordnung bedeutet; – es ist der Schutz der Reichen gegen die armen Arbeiter, die jetzt anfangen, ihre Rechte kennen zu lernen. Wir haben ja die Rolle, welche während des letzten Strikes in Rotterdam Ihre Nationalgarde spielte, gesehen! Sie mußte ohne jeglichen Anlaß stundenlang Dienste thun, um das Besitztum der bedrohten Firmen zu schützen. Meinen Sie denn, ich werde mich an der Beschützung von Leuten beteiligen, die, nach meiner aufrichtigen Ueberzeugung, den Krieg zwischen Kapital und Arbeit aufrecht erhalten wollen, daß ich auf Arbeiter schießen werde, die durchaus in den Grenzen ihres Rechts handeln? So blind werden Sie doch wohl nicht sein! Wozu also viele Worte verlieren? Ich werde es keinenfalls gestatten, daß man aus mir einen solchen gehorsamen Nationalgardisten macht, wie Sie ihn wünschen und brauchen.
Aus diesen Gründen, hauptsächlich aber deshalb, weil ich das Töten auf Kommando verabscheue, verweigere ich es, als Nationalgardist Dienste zu leisten, und ersuche Sie, mich mit Ihrer Montur und Ihren Waffen zu verschonen, denn ich bin fest entschlossen, sie nicht zu benützen.
Ich grüße Sie, Herr Kommandant.
I. K. van der Weer.
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Meiner Meinung nach hat dieser Brief eine sehr große Bedeutung.
Weigerungen, Militärdienste zu leisten, kamen in christlichen Staaten vor, seitdem daselbst der Militärdienst eingeführt wurde, oder vielmehr, seitdem die Staaten, deren Macht auf die rohe Gewalt gegründet ist, das Christentum annahmen, ohne sich von dieser Gewalt loszusagen.
Eigentlich kann es auch gar nicht anders sein. Der Christ, dem seine Lehre Demut, das Nichtwiderstreben dem Bösen, Liebe zu Allen, sogar zu den Feinden, vorschreibt, kann nicht Kriegsmann sein; er kann nicht einem Stande angehören, dessen Glieder nur zum Töten von ihresgleichen bestimmt sind.
Deshalb haben sich die wahren Christen stets geweigert, Militärdienste zu leisten, und thun es auch jetzt.
Aber die Zahl der wahren Christen war stets nur eine sehr kleine; die bei weitem größere Mehrzahl der Menschen in christlichen Staaten wird nur deshalb zu den Christen gerechnet, weil sie den kirchlichen Glauben bekennen, der mit dem wahren Christentum, außer dem Namen, nichts gemein hat. Das höchst seltene, nur unter zehntausenden von Fällen vorgekommene Ereignis, daß sich einer weigert, Soldat zu werden, berührte die Hunderttausende und Millionen, die jährlich in die Reihen der Heere traten, gar nicht.
„Es ist doch undenkbar, daß die ganze, ungeheure Mehrzahl der Christen, die in den Militärdienst treten, irren sollte und daß nur die Ausnahmen, unter denen sich häufig ziemlich ungebildete Leute befinden, die sich vom Soldatenstande lossagen, Recht haben sollen, während doch Erzbischöfe und andere gelehrte Männer meinen, daß dieser Stand mit dem Christentum nicht unvereinbar sei“ – sagen die meisten Menschen und treten ruhig in die Reihen der privilegierten Mörder, obschon sie Christen zu sein vorgeben.
Nun kommt plötzlich ein Nichtchrist – wie er selbst sagt – und weigert sich, Militärdienste zu leisten, nicht etwa aus religiösen, sondern aus ganz gewöhnlichen Gründen, die jedem Menschen einleuchten müssen, zu welchem Glaubensbekenntnis und welcher Nationalität er auch gehören mag, – ob er Katholik, Mohammedaner oder Buddhist, Spanier, Araber oder Japaner ist. …
Nicht deshalb weigert sich van der Weer, Militärdienste zu leisten, weil er das Gebot „Du sollst nicht tötet,“ befolgen will, auch nicht deshalb, weil er ein Christ ist, sondern weil er glaubt, daß das Töten der menschlichen Vernunft zuwider ist. Er sagt, daß er alles Töten hasse und zwar so sehr, daß er sogar Vegetarier wurde, nur um nicht Mitschuldiger an dem Töten von Tieren zu sein; hauptsächlich aber weigert er sich deshalb, Soldat zu werden, weil er auch das Töten auf Befehl, d. h. die Verpflichtung, Menschen zu töten, die zu töten man ihm befiehlt (denn darin besteht der eigentliche Zweck des Militärdienstes), mit der Menschenwürde unvereinbar hält. Auf die gewöhnliche Entgegnung, daß wenn andere, seinem Beispiel folgend, auch nicht dienen würden, die gegenwärtige Ordnung der Dinge gestört werde, erwidert er, daß es gar nicht seine Absicht sei, diese Ordnung aufrecht zu erhalten, weil, wenn die Reichen über die Armen herrschen, das eine schlechte Ordnung sei, die nicht verdiene, aufrecht erhalten zu werden. Könnte er wirklich noch im Zweifel sein, ob er Militärdienste leisten solle oder nicht, so würde ihm der Gedanke allein, daß er als Soldat die knechtenden Reichen gegen die geknechteten Armen durch Bedrohung und Waffengewalt unterstützen müsse, zur Verweigerung des Militärdienstes veranlassen.
Hätte van der Weer die Zugehörigkeit zu einem christlichen Glaubensbekenntnis als Grund seiner Weigerung angeführt, so könnten die, welche zum Militärdienste einberufen werden, sagen: ich gehöre nicht zu dieser Sekte, bekenne den Christenglauben nicht und halte es deshalb nicht für nötig, so wie er zu handeln. Die von van der Weer angeführten Gründe sind jedoch so einfach, so klar und verständlich, daß sie jeder auf sich selbst anwenden kann. Wer jetzt noch für seine Person diese Gründe zurückweist, erklärt damit: ich liebe das Töten und bin bereit, nicht nur die Feinde, sondern auch meine geknechteten und unglücklichen Landsleute zu töten; ich sehe nichts Böses darin, auf Befehl des ersten besten Offiziers alle diejenigen zu töten, die zu töten er mir befiehlt.
Das ist ja alles sehr einfach.
Einen jungen Menschen, in was für einer Familie und in welch՚ einem Glaubensbekenntnis er auch erzogen wurde, lehrte man, daß er gut sein müsse und daß es sehr schlecht sei, nicht nur Menschen, sondern auch Tiere zu töten; man lehrte ihn, daß jeder Mensch seine Würde wahren müsse, und daß diese Würde darin bestehe, das Gewissen als Richtschnur seines Handelns zu betrachten. Man lehrt dies nicht nur bei uns, sondern auch bei den Anhängern anderer Konfessionen, bei den Chinesen, Japanern, Buddhisten, Mohammedanern. Und nun, nachdem man dem jungen Mann solche Lehren erteilt hat, soll er in den Militärdienst treten, wo man von ihm das Gegenteil von dem fordert, was man ihn vorher gelehrt hatte: man verlangt, daß er sich vorbereiten müsse, um nicht nur Tiere, sondern auch Menschen zu töten und zu verwunden, man befiehlt ihm, daß er seine menschliche Würde verleugnen und betreffs des Tötens Menschen gehorchen solle, die ihm gänzlich unbekannt sind. Was muß nun auf eine solche Forderung ein Mensch unserer Zeit antworten? Offenbar doch nur:
„Das will und werde ich nicht thun!“
Und so handelte van der Weer. Was kann man ihm und allen denen, die sich in seiner Lage befinden, darauf erwidern?
Man kann dasjenige, worauf man noch nicht aufmerksam gemacht wurde, nicht sehen; man kann die Bedeutung einer Handlung, die einem noch nicht erklärt ist, nicht begreifen; sobald man aber darauf hingewiesen wurde und sie erklärt worden ist, kann man unmöglich sie nicht mehr sehen oder sich so stellen, als ob man das, was so klar ist, nicht begreifen könne.
Auch jetzt kann man wohl noch manchen Menschen finden, der, wenn er in den Militärdienst tritt, über das, was er thut, nicht nachgedacht hat; auch gibt es vielleicht noch Leute, die gegen fremde Völker Krieg zu führen, oder die fernere Bedrückung der Arbeiter wünschen; es gibt vielleicht sogar solche, die das Töten um des Tötens willen lieben. Solche Menschen können noch Soldaten sein, aber auch sie können jetzt nicht mehr leugnen, daß es Menschen gibt, und daß es die besten sind, nicht nur unter den Christen, sondern auch unter den Mohammedanern, Brahminen, Buddhisten und den Anhängern des Konfuzius, die auf den Krieg und die Kriegsleute mit Verachtung und Abscheu blicken, und daß die Zahl dieser Menschen sich täglich vermehrt. Es gibt keine Argumente, welche die einfache Wahrheit zu widerlegen im stande sind, daß es für einen Menschen, der sich selbst achtet, unwürdig ist, sich in die Knechtschaft eines ihm unbekannten, oder auch eines ihm bekannten Herrn zu begeben, der die Absicht hat, Menschen zu töten. Denn nur darin allein besteht der Militärdienst mit seiner Disciplin.
„Aber die Verantwortlichkeit, der sich der Weigernde aussetzt?“ antwortet man mir darauf. „Sie sind ein alter Mann, der dieser Versuchung nicht mehr unterworfen ist, Sie sind durch Ihre Stellung dagegen gesichert, können daher das Märtyrertum gut predigen; aber wie ergeht es jenen, denen Sie solche Lehren predigen und die, auf Ihre Worte bauend, sich weigern und ihr junges Leben zu Grunde richten?“ Aber was soll ich denn thun? erwidere ich den Fragenden. Soll ich etwa deshalb, weil ich ein alter Mann bin, auf das Uebel, das ich klar vor mir sehe, nur darum nicht hinweisen, weil ich alt bin, viel erlebt und nachgedacht habe? Soll denn ein Mensch, der sich jenseits eines Flusses befindet und daher für den drüben stehenden Räuber unerreichbar ist, ein Mensch, welcher sieht, daß dieser Räuber jemanden zwingt, einen andern Menschen zu töten, dem, der töten soll, nicht zurufen, daß er das nicht thun dürfe, auch wenn den Räuber dieser Zuruf noch mehr erbittern sollte? Auch begreife ich nicht, weshalb die Regierung diejenigen verfolgt, die den Militärdienst verweigern, und ihre Strafe nicht gegen mich richtet, den sie als den Urheber dieser Weigerungen bezeichnen könnte. So alt bin ich doch nicht, daß man mich nicht verfolgen und bestrafen könnte, und auch meine Stellung schützt mich durchaus nicht dagegen. Mag man mich nun verurteilen und verfolgen oder nicht, mag man diejenigen, die den Militärdienst verweigern, richten und bestrafen oder nicht – ich werde dennoch, so lange ich lebe, nicht aufhören, das zu sagen, was ich sagen muß, weil mein Gewissen mir nicht gestattet, zu schweigen.
Das Christentum, d. h. die Lehre der Wahrheit, ist ja gerade dadurch so mächtig und unbesiegbar, weil es, um seine Wirkung auszuüben, sich durch keine äußeren Rücksichten leiten lassen kann. Ob nun ein Mensch jung oder alt ist, ob er dafür Verfolgungen erleidet oder nicht, er kann, wenn er sich den christlichen, d. h. wahren Begriff vom Leben zu eigen gemacht hat, den Forde¬rungen seines Gewissens nicht entsagen. Darin unter¬scheiden sich das Wesen und die Eigenart des Christen¬tums von allen andern Religionslehren und dies ist seine unbesiegbare Macht.
Van der Weer sagt, er sei kein Christ, aber die Beweggründe seiner Weigerung und seine Handlungsweise sind christlich: er weigert sich, weil er keinen Bruder töten will, und er unterwirft sich deshalb nicht, weil für ihn die Forderungen seines Gewissens schwerer wiegen als menschliche Befehle. Seine Weigerung ist daher ganz besonders wichtig. Sie beweist, daß das Christentum keine beliebige Sekte, keine bloße Glaubenslehre ist, die man annehmen oder ablehnen kann, sondern daß es nichts anderes ist, als ein Folgen dem Lichte der Vernunft und Erkenntnis, welches allen Menschen leuchtet. Die Bedeutung des Christentums liegt nicht darin, daß es den Menschen diese oder jene Handlungen vorschrieb, sondern darin, daß es den Weg entdeckte und auf ihn hinwies, den das ganze Menschengeschlecht ging und gehen mußte.
Die Menschen, welche jetzt gut und vernünftig handeln, thun es nicht deshalb, weil sie den Vorschriften Christi folgen, sondern weil das, was vor 1800 Jahren als Richtschnur ihres Thuns gelehrt wurde, ihnen jetzt zum Bewußtsein gekommen ist.
Das ist es, weshalb ich glaube, daß die Handlungsweise und der Brief van der Weers eine so große Bedeutung haben.
Wie ein in der Steppe oder im Walde entfachtes Feuer nicht eher erlischt, bevor es nicht alles Trockene und Tote, folglich dem Verbrennen Geweihte, verzehrt hat, so wird auch die einst in Worten verkündete Wahrheit nicht eher zu wirken aufhören, bevor sie nicht die der Vernichtung geweihte Lüge vertilgt hat, welche von allen Seiten die Wahrheit umgibt und sie verhüllt. Das Feuer kann lange glimmen, flammt es aber einst empor, so verbrennt es alles, was brennbar ist, sehr schnell. Das Nämliche gilt auch von dem Gedanken, der sich lange danach sehnt, ausgesprochen zu werden, für den aber der richtige Ausdruck noch nicht gefunden ist; sobald man aber die klaren, überzeugenden Worte gefunden hat, werden Lüge und Bosheit sehr bald vernichtet sein. Eine der Offenbarungen des Christentums – der Gedanke, daß die Menschheit auch ohne Sklaverei bestehen könne – wurde, obschon schon im Wesen des Christentums enthalten, erst am Ende des 18. Jahrhunderts klar ausgesprochen. Bis dahin konnten nicht nur die alten Heiden – Plato und Aristoteles –, sondern auch andere Menschen, die uns der Zeit nach – weit näher standen und Christen waren, sich eine menschliche Gesellschaft ohne Sklaverei nicht vorstellen. Auch Thomas Moore konnte in seiner Utopia sich von der Sklaverei noch nicht losmachen. Ebensowenig waren unsere Vorfahren im Anfange dieses Jahrhunderts imstande, sich ein Leben der Menschheit ohne Kriege vorzustellen. Erst nach den Kriegen Napoleons I. wurde der Gedanke, daß die Menschheit auch ohne Kriege existieren könne, klar ausgesprochen. Und nun sind, seit der Gedanke klar ausgesprochen wurde, daß die Menschheit auch ohne Sklaverei bestehen könne, hundert Jahre verflossen und in der Christenheit gibt es keine Sklaverei mehr. Es werden daher auch jetzt, nachdem der Gedanke klar ausgesprochen worden ist, daß die Menschheit auch ohne Kriege bestehen könne, keine hundert Jahre mehr vergehen, und die Kriege werden aufhören. Daß; sie nicht gänzlich aufhören werden, ist wohl sehr möglich, ebenso wie auch die Sklaverei nicht auf einmal abgeschafft wurde. Es ist sehr möglich, daß auch ferner noch militärische Gewaltmaßregeln vorhanden sein werden, denn auch nach Aufhebung der Sklaverei ist noch der Lohndienst übrig geblieben, aber jedenfalls werden Krieg und Kriegsheere in der unserm moralischen Gefühl und unserer Vernunft widerstrebenden, rohen Form, wie sie jetzt noch besteht, nicht mehr existieren.
Sehr viele Zeichen weisen darauf hin, daß diese Zeit nahe ist. Man erkennt es an der Lage der Regierungen, die ihre Rüstungen immerfort vermehren, an der beständig anwachsenden Last der Abgaben und an der Unzufriedenheit der Völker, ferner an der bis aufs äußerste gesteigerten mörderischen Kraft der Kriegswaffen, an dem Wirken der Friedenskongresse und Friedensgesellschaften, hauptsächlich aber an der Weigerung einzelner Personen, sich dem Militärdienst zu unterwerfen. In diesen Weigerungen liegt der Schlüssel zur Lösung der Frage.
„Ihr behauptet, der Militärdienst sei notwendig, und hätten wir ihn nicht, so würden uns fürchterliche Gefahren drohen. Das mag sein; aber mit den Begriffen von Gut und Böse, die uns und allen unseren Zeitgenossen gemeinsam sind, bin ich nicht im stande, auf Befehl Menschen zu töten. Ist daher, wie Ihr sagt, der Militärdienst eine Notwendigkeit, so müßt Ihr ihn so einrichten, daß er mit meinem und Eurem Gewissen nicht in Konflikt gerät. So lange Ihr das nicht könnt und von mir fordert, was meinem Gewissen direkt wider¬spricht, kann ich Euch keinenfalls gehorchen.“
So werden, und zwar schon in nächster Zeit, nicht nur alle ehrlichen und vernünftigen Christen, sondern auch die Mohammedaner und sogenannte Heiden – Brahminen, Buddhisten und Jünger des Konfuzius – Euch unbedingt antworten müssen. Möglich, daß das Kriegshandwerk, folgend dem Gesetze der Beharrung, sich noch eine Weile konservieren läßt, aber im Bewußtsein der Menschen ist die Frage bereits gelöst; mit jedem Tage und mit jeder Stunde werden immer mehr Menschen zu der nämlichen Lösung gelangen, und es ist unmöglich, diese Bewegung aufzuhalten.
Jedesmal, wenn die Menschen zur Erkenntnis einer Wahrheit gelangen, oder vielmehr wenn sie sich von einem Irrtum befreien, wie das vor unsern Augen mit der Sklaverei geschah, entsteht stets ein Kampf zwischen den zur Erkenntnis gekommenen Menschen und dem vorherigen Beharrungszustande.
Anfangs ist dieser Beharrungszustand noch so stark und die neue Erkenntnis so schwach, daß der erste Versuch, sich vom Irrtum zu befreien, nur Verwunderung erregt. Die neue Wahrheit scheint eine Art von Wahnsinn zu sein. „Ist es denn denkbar, daß man ohne Sklaverei leben kann? Wer soll dann arbeiten? Kann man denn ohne Kriege existieren? Jeder wird über uns herfallen und uns erobern!“ Aber die Macht der Erkenntnis wächst immer mehr, der Beharrungszustand gerät ins Wanken und die Verwunderung verwandelt sich in Gespött und Verachtung. „Die heilige Schrift hat das Verhältnis von Herren und Sklaven sanktioniert. Es bestand von jeher und nun kommen plötzlich kluge Leute, die die ganze Welt reformieren wollen. Alle gelehrten und weisen Männer haben die Gesetzlichkeit und sogar Heiligkeit der Kriege anerkannt und nun sollen wir plötzlich bekennen, daß man nicht Krieg führen dürfe“ – so spricht man vom Kriege. Aber die Erkenntnis wächst und klärt sich; die Zahl der an die neue Wahrheit glaubenden Menschen vermehrt sich und aus dem Gespött und der Verachtung wird List und Betrug. Die Menschen, welche den Irrtum erhalten wollen, thun, als ob sie das Unstatthafte, das Grau¬same des von ihnen verteidigten Zustandes begreifen und zugeben, sie halten aber seine Abschaffung jetzt noch für unmöglich, vertagen sie auf unbestimmte Zeit. „Wer leugnet es denn, daß die Sklaverei etwas Schlechtes ist, aber die Menschen sind für die Freiheit noch nicht reif und ihre Befreiung wird fürchterliches Elend erzeugen,“ – so sprach man bei uns noch vor 40 Jahren. „Wer leugnet es denn, daß der Krieg ein Uebel ist?“ Aber der Gedanke schreitet vorwärts, er wächst und vernichtet die Lüge, bis schließlich die Zeit kommt, wo der Wahnsinn, die Zwecklosigkeit, die Schädlichkeit und die Unsittlichkeit dieses Irrtums so klar erkannt ist, daß er nicht mehr verteidigt werden kann. So geschah es in den sechziger Jahren mit der Sklaverei in Rußland und Amerika und so steht es jetzt, wenn man vom Kriege spricht. Ebenso wie man damals die Sklaverei nicht mehr zu rechtfertigen, sondern nur noch zu erhalten suchte, will man auch jetzt nicht mehr den Krieg und die Heere rechtfertigen, sondern man hüllt sich in Schweigen und verläßt sich auf den Beharrungszustand, der den Krieg und die Heere noch stützt, weil man sehr gut weiß, daß diese ganze, anscheinend so mächtige, grausame und unsittliche Organisation der Tötungen jeden Augenblick zusammenbrechen kann, um nie wieder aufzuerstehen. Aus einem Wehr braucht nur ein Tropfen Wasser durchzusickern, aus einem mächtigen Gebäude braucht nur ein Ziegelstein herauszufallen, aus einem festen Netz braucht nur eine Masche zu zerreißen und das Wehr wird durchbrochen, das Gebäude stürzt ein und das Netz fällt auseinander. Ein solcher Tropfen, ein solcher Stein, eine solche zerrissene Masche ist für mich die Weigerung van der Weers, welche durch Argumente motiviert wurde, die der ganzen Menschheit verständlich sind. Nach van der Weer werden immer häufiger andere Weigerungen folgen und wenn dann ihre Zahl sehr groß sein wird, können manche von uns es vielleicht noch erleben, daß dieselben Menschen (ihr Name ist Legion), die gestern noch behaupteten, daß man ohne Krieg nicht existieren könne, sagen werden, sie hätten den Wahnsinn und die Unsittlichkeit des Krieges längst erkannt. Und diese Menschen werden uns dann raten, ebenso zu handeln, wie van der Weer. Erst dann wird vom Kriege und von den Heeren, wie sie jetzt bestehen, nur noch die Erinnerung übrig bleiben.
Jasnaja Poljana.
Leo Tolstoi.
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D. Englische Übersetzung (Internet-Ressource, gemeinfrei) ǀ The Beginning of the End – by Leo Tolstoy (1896). https://nonresistance.org/docs_pdf/Tolstoy/The_Beginning_of_the_End.pdf
T h e B e g i n n i n g o f t h e E n d
by Leo Tolstoy
This year, 1896, a young man by the name of Van-der-Veer was summoned in Holland to enter the National Guard.
To the summons of the commander, Van-der-Veer replied in the following letter:
THOU SHALT NOT KILL
Mr. Herman Snijders
Commander of the National Guard of the Middelburg Circuit
Dear Sir:
Last week I received a document in which I was commanded to appear in the magistracy in order to be enlisted according to the law in the National Guard. As you, no doubt, have noticed, I did not appear. The purpose of this letter is to inform you frankly, and without any ambiguities, that I have no intention of appearing before the commission. I know full well that I subject myself to a heavy responsibility, that you can punish me, and that you will not fail to make use of that right. But that does not frighten me. The reasons that compel me to manifest this passive resistance present to me a sufficiently important counterbalance to this responsibility.
I, who am not a Christian, understand the commandment that is standing at the head of this letter better than the majority of Christians. It is a commandment inherent in human nature and in reason. When I was still a child, I permitted myself to be instructed in the soldier’s trade – the art of killing – but now I refuse. More than anything else, I do not wish to kill on command without any personal impulse or foundation. This appears to my conscience as murder. Can you name to me anything more degrading for a human being than the commission of similar murders or slaughter? I cannot kill an animal, or see it killed, and therefore I became a vegetarian. In the present case I may be commanded to shoot men who have never done me any harm. Soldiers certainly do not study the military field manual in order to shoot at leaves on the branches of trees.
But you will perhaps tell me that the National Guard must also and above everything else cooperate in the maintenance of internal order.
Mr. Commander, if there really existed any order in our society, if the social organism were indeed sound, if there did not exist such crying misuses in our social relations, if it were not permitted that one man should starve to death while another enjoys all the lusts of luxury, then you would see me in the first ranks of the defenders of this order. But I unconditionally refuse to cooperate in the maintenance of the present so-called order. What is the use, Mr. Commander, of pulling the wool over each other’s eyes? Both of us know full well what is meant by the maintenance of this order. It is the support of the rich against the poor workers who are beginning to become conscious of their right. Did you not see the part that your National Guard played during the last strike in Rotterdam? Without any reason, this guard was compelled for hours to protect the property of the business firms that were threatened. Can you for a moment suppose that I will surrender myself to take part in the defense of men who, according to my sincere conviction, are supporting the war between capital and labor, or that I will shoot at the working men who are acting entirely within the limits of their rights? You cannot be so blind as that! Why complicate matters? Indeed, I cannot have myself cut out into an obedient National Guardsman such as you wish to have and as you need!
On the basis of all these reasons, but especially because I despise murder on command, I refuse to serve in the capacity of a member of the National Guard, and ask you to send me neither uniform nor weapons, since I have the steadfast intention of not using them.
I greet you, Mr. Commander,
I. K. Van-der-Veer
This letter has, in my opinion, very great importance.
Refusals to do military service in Christian countries began as soon as military service made its appearance in them, or rather, when the countries, whose power is based on violence, accepted Christianity without renouncing violence.
In reality, it cannot be otherwise. A Christian, whose teaching prescribes to him meekness, non-resistance to evil, and love toward all men cannot be martial. He cannot belong to a class of men who are destined only to kill other men like himself.
And so, true Christians have always refused, and even now refuse, to do military service.
But there have always been few true Christians. The vast majority of men in Christian countries have counted as Christians all those who profess the ecclesiastic faith, which has nothing but the name in common with true Christianity. The fact that now and then there appeared, compared to tens of thousands entering military service, one who refused it, did not in the least disturb those tens of thousands of men.
“It is impossible that the whole vast majority of men who enter military service should be mistaken, and that the truth should be with the exceptions, who are frequently uneducated men, who refuse to do military service, while archbishops and scholars recognize it to be compatible with Christianity,” said the people of the majority, who, considering themselves to be Christians, calmly entered into the ranks of murderers.
But here there appears a non-Christian, as he announces himself, and he refuses to do military service. He does this not from religious reasons, but from reasons that are understandable and common to all men, no matter what faith or what nationality they may be from – whether Catholics, Muslims, Buddhists, Confucians, Spaniards, Arabs, or Japanese.
Van-der-Veer refused to do military service, not because he follows the commandment, “Thou shalt not kill,” but because he considers murder to be contrary to human reason. He writes that he simply hates any murder, and hates it to such an extent that he became a vegetarian in order not to take part in the murder of animals. Above all, he says, he refuses to do military service because he considers murder on command, i.e. killing those men whom he is ordered to kill (wherein indeed military service consists), to be incompatible with human dignity. To the customary retort that, if he does not serve, and if others follow his example and refuse to serve, the existing social order will be violated, he answers by saying that he does not even wish to support the existing order. He says that the existing order is bad because the rich rule over the poor, which ought not to be. Even if he had any doubts as to whether he ought to serve in the army or not, the mere thought that he would use weapons and the threat of murder to support the oppressing rich against the oppressed poor would make him refuse to do military service.
If Van-der-Veer had brought forward his belonging to some Christian denomination as the reason of his refusal, men who entered military service could say, “I am not a sectarian and do not acknowledge Christianity, and so I do not consider it necessary to act likewise.” [Transcriber’s note: Membership in one of the traditional peace churches was, for a long time, the only grounds for conscientious objection recognized by the American military.] But the reasons given by Van-der-Veer are so simple, dear, and common to all men that it is impossible not to apply them to oneself. To recognize these causes as not binding, a person would have to say, “I love murder and am prepared to kill, not only enemies, but even my oppressed and unfortunate compatriots, and I do not find anything wrong with promising, at the order of the first commander, to run across to kill all those whom he commands me to kill.”
The matter is, indeed, very simple.
Here is a young man. No matter in what surroundings, what family, or what faith he may have grown up, he has learned the necessity of being good and that it is bad to kill – not only a man, but even an animal. He has learned to highly esteem his human dignity, and this dignity consists of acting according to his conscience. A Chinese Confucian, a Japanese Shintoist or Buddhist, and a Turkish Muslim have all learned the same. Suddenly, after he has learned all this, he enters the military service, where the very opposite of what he has learned is demanded of him. He is commanded to be ready to wound and kill – not animals, but men. He is commanded to renounce his human dignity and to obey unknown strangers in matters of murder. What can a man of our time say to such a demand? Obviously only this: “I do not want to, and I won’t.”
This is precisely what Van-der-Veer did. And it is hard to imagine what we can retort to him and to all men who, being in the same position as he, must act in the same way.
It is possible not to see what has not yet attracted attention, and not to understand the meaning of an act so long as it is not explained. But, once it is pointed out and explained, we cannot avoid seeing it or pretend that we do not see what is quite clear.
Even now there may be a man who has not thought of what he is doing as he enters military service. There may be men who wish for war with other nations, or who wish to continue oppressing the working people, or even who love murder for the sake of murder. Such men may become warriors, but even these men cannot help but know that there are men – the best men in the whole world, not only among Christians, but also among Muslims, Brahmins, Buddhists, and Confucians – who look with loathing and disgust upon war and the military, and the number of these men is growing with every hour. No arguments can veil the simple truth that a man who respects himself cannot go into slavery to a strange master, or even to one he knows, who has murderous intentions. But this is the nature of military service and discipline.
I am asked in reply to this, “But what about the responsibility to which the person refusing subjects himself? It is all very well for you, an old man, who is no longer subject to this temptation and is secure in your position to preach martyrdom. But how is it for those to whom you preach and who, believing you, decline to serve and ruin their youthful lives?”
But what am I to do? This is what I answer to those who tell me this. Must I refuse to point out the evil that I see clearly and beyond any doubt, simply because I am an old man and have lived through much and thought much? A man who is on the other side of a river and thus inaccessible to a murderer, and who sees that this murderer is about to force one man to kill another, must cry out to the man who is to kill and tell him not to do so, even if this interference may further embitter the murderer. Besides, I fail to see why the government, which subjects those who refuse to do military service to persecution, will not inflict punishment upon me, since it recognizes me as the instigator of these refusals. I am not so old as not to be subjected to persecutions and punishments of every kind, and my position does not in the least protect me. In any case, whether they will condemn and persecute me or not, whether they will condemn and persecute those who refuse to do military service, I shall never stop saying what I am saying so long as I live, because I cannot stop acting in accordance with my conscience.
Christianity, i.e. the teaching of truth, is powerful and invincible for the very reason that, in order to act upon people, it cannot be guided by any external considerations. Whether a man is young or old, whether he is subjected to persecutions for it or not, having made the Christian conception of life his own, he cannot depart from the demands of his conscience. In this does the essence and peculiarity of Christianity consist, in contrast to all the other religious teachings, and in this does its invincible might lie.
Van-der-Veer says that he is not a Christian, but the motives of his refusal and his act are completely Christian. He refuses to serve because he does not wish to kill a brother. He does not obey because the commands of his conscience are more important than the commands of men. It is for this reason that Van-der-Veer’s refusal is especially important. This refusal shows that Christianity is not a sect or a faith that some men may keep and others may not keep, but that it is simply a following in life of that light of comprehension which shines upon all men. The meaning of Christianity is not in its having prescribed certain acts for men to perform, but in its having foreseen and pointed out the path on which all humanity must walk.
Men who now act well and sensibly do not do so because they follow Christ’s injunctions, but because what eighteen hundred years ago was expressed as a direction of activity has now become the consciousness of men.
This is why I think that Van-der-Veer’s act and letter are of great importance.
Just as a fire started in the prairie or the forest does not subside until it has consumed everything dry and dead, so also a truth, once expressed in words, does not cease acting until it has destroyed the whole lie that surrounds and conceals the truth on all sides. The fire smolders for a long time, but the moment it bursts into flame, it soon consumes everything that can burn. Even so, a thought may beg for recognition for a long time without finding any expression. It only needs to find a clear expression in speech, and the lie and the evil are soon destroyed. One of the special manifestations of Christianity – the idea that humanity can live without slavery – though included in the idea of Christianity, was clearly expressed, so far as I know, not earlier than the end of the eighteenth century. Up to that time, not only ancient pagans such as Plato and Aristotle, but even men who were nearer to our time and Christians, could not imagine human society without slavery. Thomas Moore could not imagine even Utopia without slavery. Likewise, the men of the beginning of the present century could not imagine the life of humanity without war. Only after the Napoleonic wars was the thought clearly expressed that humanity can live without slavery. One hundred years have passed since the time when the idea was clearly enunciated that humanity can live without slavery, and among Christians there is no longer any slavery; and less than a hundred years will pass from the time that the idea has been clearly enunciated that humanity can live without war, and there will he no war. [2: Transcriber’s note: Tolstoy was a bit optimistic. Old habits are hard to break, particularly this one.] It is very likely that war will not be fully abolished, even as slavery is not fully abolished. It is very likely that military violence will remain, just as hired labor remained after the abolition of slavery, but in any case war and the army will be abolished in that coarse form which is contrary to reason and moral sentiment, and in which they now exist.
There are very many signs that this time is near. These signs are to be found in the hopeless condition of the governments, which keep increasing their armies, in the growing burden of taxes, in the dissatisfaction of the nations, in the instruments of war, which are carried to the highest degree of destructiveness, and in the activity of the congresses and the peace societies – but chiefly in the refusal of individual persons to do military service. The key to the solution of the question of war lies in these refusals.
“You say that military service is indispensable, that if it did not exist, we should be overcome by terrible calamities. All this may be possible, but with that conception of good and evil which is common to all men of our time and even to you, I cannot kill men on command. Thus if, as you say, military service is very necessary, make it such that it will not be in such contradiction with my conscience and with yours. So long as you have not arranged it so, but demand of me what is directly opposed to my conscience, I am not at all able to obey.”
Thus inevitably must answer, and soon will answer, all the honest and sensible men, not only of our Christian world, but also the Muslims and the so-called pagans: the Brahmins, Buddhists, and Confucians. Maybe war will from inertia last for some time yet, but the question is already answered in the consciousness of men. With every day, with every hour, a growing number of men are coming to the same conclusion, and it is now quite impossible to arrest this movement.
Every recognition of a truth by men, or rather, every liberation from some error – so it was visibly with slavery – is always obtained through a struggle between men’s clearer consciousness and the inertia of the previous state.
At first the inertia is so strong and the consciousness so feeble that the first attempt at a liberation from error is only met with surprise. The new truth presents itself as madness. “How can we live without slavery? Who will work?” “How can we live without war? Everybody will come and will conquer us.” But the power of consciousness keeps growing, the inertia keeps diminishing, and the surprise gives way to ridicule and contempt. “Holy Scripture recognizes masters and slaves. Such a relation has existed since eternity. Suddenly wiseacres have appeared who want to change the whole world!” Such was what people said of slavery. “All the learned and the sages have recognized the legality and even the sanctity of war, and suddenly we are to believe that we must wage no war!” Such will people say of war. But the consciousness keeps growing and being clarified. The number of men who recognize the new truth keeps growing larger, and ridicule and contempt give way to cunning and deception. The men who have been supporting the error make it appear that they understand and recognize the incompatibility and cruelty of the measure that they are defending, but consider its abolition impossible at present and delay the abolition for an indefinite time.
“Who does not know that slavery is bad, but men are not yet prepared for freedom and emancipation will produce terrible calamities.” They said this of slavery forty years ago. “Who does not know that war is evil?” But the thought does its work, grows, and exposes the lie, and the time arrives when the madness, aimlessness, harm, and immorality of the delusion are so clear (so it was within our memory, in the 1860s, in Russia and in America) that it is impossible to defend it. So it is now in the case of war. Just as then they no longer tried to justify slavery, but only maintained it, so now they do not try to justify war and the army, but only keep silent. They make use of the inertia, which still perpetuates war and the army, knowing very well that all this apparently powerful, cruel, and immoral organization of murder may any moment come down with a crash, never to rise again.
It is enough for one drop of water to ooze through a dam, for one brick to fall out of a large building, or for one mesh to come loose in the strongest net in order that the dam should be broken, the building to fall, or the net go to pieces. Such a drop, such a brick, such a loosened mesh appears to me to be Van-der-Veer’s refusal, which is explained by causes that are common to all humanity. Other refusals must follow ever more frequently after Van-der-Veer’s, and as soon as there shall be many such refusals, the same men (their name is legion) who but yesterday said that it is impossible to live without war, will say that they have for a long time been preaching the madness and immorality of war and will advise you to act like Van-der-Veer, and of war and the army, in the form in which they now exist, there will be left nothing but a recollection.
This time is near at hand.
Yásnaya Polyána, September 24,1896.
Transcribed and edited by www.nonresistance.org.
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Ein Dank an Kalle für den Versäumnishinweis, pb.